Österreich 1945 bis heute

Alltag von 1945 bis 1969

Der Krieg war zu Ende. Viele Soldaten sind gefallen, kehrten verwundet und traumatisiert zurück oder waren noch in Kriegsgefangenschaft, viele Frauen wurden so zu Alleinerzieherinnen. Europa lag in Trümmern und war in Ost und West geteilt. Diese Grenze ging mitten durch Österreich, der Osten war russisch besetzt, der Westen und Süden von Amerikanern, Franzosen und Engländern. Über 10 Millionen Deutsche wurden vertrieben und fanden in Deutschland und Österreich ihre neue Heimat. Sie lebten dort lange unter teils unmenschlichen Bedingungen in Lagern. Die Leute hungerten und froren und freuten sich, dass sie wenigstens ein Dach über dem Kopf hatten. Unter diesen katastrophalen Voraussetzungen und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft begann der Wiederaufbau.  10 Jahre später waren  die meisten Schwierigkeiten überwunden und Österreich nach 7 Jahren Nazi-Diktatur und 10 Jahren Besatzung durch die Alliierten endlich wieder frei. Danach begann der wirtschaftliche Aufschwung und brachte für viele einen bescheidenen Wohlstand. Haushaltsgeräte erleichterten zunehmend das tägliche Leben, Motorroller und Motorräder verbesserten die Mobilität und wer es sich leisten konnte, kaufte sich einen Kleinwagen und fuhr damit in den Urlaub. Gesellschaftlich hat sich seit dem Ende der Monarchie wenig geändert. Für Veränderung war wenig Platz. Bildung wurde vererbt und der Platz der Frau war am häuslichen Herd. Zum Unterschied vom Ständestaat nahmen die Arbeiter wieder am politischen Leben teil. Die Folge war die große Koalition zwischen der ÖVP (Bauern, Beamte und Gewerbe) und der SPÖ (Arbeiter und kleine Angestellte). Die Macht der katholischen Kirche war ungebrochen und stabilisierte die konservative Grundausrichtung. Erst mit der Alleinregierung der ÖVP ab 1966 kam Bewegung in die Politik und die Gegensätze der beiden Lager wurden wieder sichtbar. Städte und das bäuerlich geprägte Land trennten nach wie vor Welten.

Von der Hungersnot zu vollen Schüsseln

In den Städten herrschte in der unmittelbaren Nachkriegszeit bittere Not, am Land war davon wenig zu spüren, Hamsterfahrten gehörten daher zum Alltag. Die Versorgungslage änderte sich rasch und spätestens mit dem Ende der Lebensmittelkarten im Jahr 1953 kehrte Normalität ein.  In den meisten Dörfern gab es einen kleinen Greisler für die Dinge des täglichen Lebens und einmal in der Woche kam der Bäcker und der Fleischhauer mit dem Pferdefuhrwerk und später mit dem Auto vorbei. In der Stadt kaufte man heimische Waren am Markt, im Lebensmittelgeschäft, beim Fleischhauer, beim Bäcker und bei der Milchfrau. In den meisten Familien war Kochen und die Erzieheung der Kinder eine Angelegenheit der Frauen, im bäuerlichen Umfeld neben der Arbeit am Hof. Wirtshäuser gab es in jedem Ort und in den Städten fast in jeder Straße. Dazu noch öffentliche Küchen wie die Wiener öffentliche Küchenbetriebsgesellschaft (WÖK) und Küchen in öffentlichen Einrichtungen wie z.B. Spitäler und Altersheime. Zum Essen wurden österreichische Hausmannskost (Schnitzel, Schweinsbraten, Gulasch & Co.) und preiswerte Mittagsmenüs serviert. 

Die Wohnungsnot wurde gelindert

Viele Wohnungen waren nach Kriegsende  durch Bombenschäden zerstört und Wohnraum daher ein rares Gut. In den Städten gab es viele kleine Wohnungen ohne Bad und Zentralheizung, das WC war oft am Gang. Wer es sich leisten konnte, ging am Wocheende in Tröpferbad.

In den Städten wurden die Neubauten mit Bad und WC ausgestattet und die Substandard-Wohnungen langsam weniger. Mit der staatlichen Wohnbauförderung wurde der Wohnbau angekurbelt, so konnten sich viele eine Gemeindewohnung oder Genossenschaftswihung leisten.

Leben am Land

Auch am Land war der Wohnraum seit jeher knapp bemessen. Da wie dort lebten oft mehrere Generationen unter einem Dach. Geheizt wurde mit Holzöfen und das meistens nur in der Wohnküche. Die Schlafräume waren kalt, das Bett wurde vor dem Schlafengehen mit einem erwärmten Ziegel oder einer Wärmeflasche vorgewärmt. Fließwasser war keine Selbstverständlichkeit. Bad und WC hatten die wenigsten. Durch den Bau von Wasserleitungen verbesserte sich die sanitäre Situation am Land.

Die Motorisierung kam in die Gänge

Nach dem Krieg gab es kaum Autos, ins Nachbardorf und in die Schule ging man am Land zu Fuß und in die Bezirkstadt fuhr man mit den spärlich verkehrenden Bussen. Mit der Motorisierung ging es ab 1950 steil bergauf. So stieg der PKW-Bestand in Wien von ca. 20.000 im Jahr 1950 auf ca. 320.000 im Jahr 1970 (Quelle: wienwiki).  Dazu kamen noch Motorroller und Motorräder.

Bahn- und Bus-Verbindungen wurden verbessert

Der öffentliche Verkehr wurde langsam ausgebaut. In Wien verkehrten die Stadtbahn (heute U4 und U6), die S-Bahn (seit 1959), Straßenbahnen und Busse. Am Land wurden die Busverbinden in kleinere Orte verbessert. Im Bahnverkeht wurde Dampfloks zunehmend durch Diesel- oder E-Loks ersetzt. Fahrkarten kaufte man am Schalter oder  beim Schaffner.

Bezahlt wurde mit Schilling-Banknoten oder Münzen


Bis in die 70er wurden  Löhne und Gehälter bar ausbezahlt und die Stromrechnung bar einkassiert. Ein Girokonto zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs hatten nur öffentliche Stellen und größere Firmen. Das Bankgeschäft beschränkte sich im wesentlichen auf die Hereinnahme von Spareinlagen und die Vergabe von Krediten. Aktien und Anleihen hatten die wenigsten, diese wurden meistens zu Hause aufbewahrt, die Zinskupons ausgeschnitten und bei der Bank eingelöst. Der Aktienhandel wurde manuell an der Börse abgewickelt.

Vom Radiohören zum Farbfernsehen

Ein Radiogerät war für viele Haushalte in der unmittelbaren Nachkriegszeit das höchste der Gefühle. Zeitungen, Zeitschriften und Bücher wurden nur von den gebildeten und besser verdienenden Schichten gelesen. Die Bücher waren kostbar und die Schulbücher wurden weitergegeben. In den meisten bäuerlichen Haushalten gab es höchstens einen Bauernkalender und einen medizinischen Ratgeber. Das Fernsehen nahm ab 1955 eine rasante Entwicklung und Verbreitung. Mit der ORF-Reform 1967 unter Gerd Bacher wurden Fernsehen und Radio auf eine völlig neue zeitgemässe Basis gestellt. Ab 1969 strahlte der ORF in Farbe aus.

Telefoniert wurde am Postamt


Getroffen hat man sich am Land nach der Sonntagsmesse im Dorfgasthaus und in der Stadt am Markt oder im Beisl am Eck.  Telefonieren war nach dem Krieg noch ein Minderheitenprogramm. Private Telefonanschlüsse hatten nur wenige und Telefonzellen gab es nur im Postamt. Die Anzahl der privaten Telefonanschlüsse stieg wegen der Engpässe im Leitungsnetz und der hohen Kosten nur langsam.

Gesundheitsvorsorge war ein Fremdwort

Das Leben am Land war alles andere als gesund. Die Arbeit war hart, die Wohnverhältnisse schlecht, das Essen fettreich, die Hygiäne mangelhaft, der Alkoholismus weitverbreitet und Gesundheitsvorsorge ein Fremdwort. Sport wurde fast nur in den Städten betrieben und beschränkte sich im wesentlichen auf das Fußballspielen der Männer. Der praktische Arzt wurde bei Erkrankungen nicht immer frequentiert, weil die bäuerliche Bevölkerung bis in die 60er nicht krankenversichert war. In den Städten sah es nicht viel besser aus, Fachärzte gab es nur in den größeren Städten. Sie waren durch die schlechten Verkehrsverbindungen vom Land praktisch unerreichbar. In Notfällen  brachte die Rettung die Patienten ins nächst gelegene Krankenhaus.

Mein Alltag in der Nachkriegszeit

  • Mein Alltag  von 1946 bis 1969 – Nachkriegszeit und Kindheit im Dorf, das Fernsehen kommt ins Dorf, Freizeit am Land und in der Stadt, Bundesheer, Übersiedlung nach St. Pölten, Arbeit in der Sparkasse St. Pölten.

Chronik 1945 bis 1969

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Zeitreise

  • 1945 bis heute – Chronik Welt, Europa und Österreich; so hat sich das Leben in Österreich seit Kriegsende verändert; Biograhie des Autors von 1946 bis heute