Österreich 1945 bis heute

SPARDAT von 1970 bis 1999

Aus der geordneten Sparkassenwelt in die chaotische EDV der beginnenden 70er 

Bull-RZ Linz

Bull-RZ Linz

Eine Sparkassen-Karriere schien vorgezeichnet, aber dann kam alles anders. Ich bekam von der neu gegründeten SPARDAT (Sparkassen-Datendienst – EDV-Serviceunternehmen des Sparkassensektors) die Zusage für eine Ausbildung zum Wunschberuf Programmierer und damit war Ende 1969 meine Zeit in der Sparkasse St. Pölten zu Ende

  •  die dritte entscheidende Weichenstellung in meinem Leben.

Eine beschauliche Sparkassen-Filiale am Land und die turbulente EDV-Welt der 70er in Wien waren zwei unterschiedliche Welten. Eigeninitiative, Flexibilität und Lernbereitschaft waren hier wichtiger als korrektes Auftreten und Pünktlichkeit.  Die Programmierung steckte noch in den Kinderschuhen, eine institutionalisierte Ausbildung gab es nicht und die Arbeit war mehr als mühsam.

Die knapp über 10 Mitarbeiter der SPARDAT (Sparkassen-Datendienst) waren im Sparkassenhaus in der Grimmelshausengasse in der Nähe der Stadtbahn-Station Stadtpark (heute U4) untergebracht. Der Großteil der Mannschaft arbeitete aber wegen der bevorstehenden Eröffnung des ersten Rechenzentrum in Linz, Neulinge waren da  nicht wirklich gefragt. Entspreched chaotisch verlief mein erstes halbes Jahr in der EDV.

  • in Linz beginnts – mein Start in der EDV,  Eröffnung des Bull-Rechenzentrums in den Räumen der Allgemeinen Sparkasse Linz

Ein Buchungssystem für alle 170 Sparkassen

IBM-Rechenzentrum in den 70ern

IBM-Rechenzentrum in den 70ern

Kaum hatte ich mich einigermassen an die neue Welt gewöhnt, änderte sich die Eigentümerstruktur und die Geschäftsführung. Die SPARDAT fusionierte mit dem EDV-Team des neuen Eigentümers Girozentrale der österreichischen Sparkasse (zweitgrösste Bank Österreichs) und übersiedelte in die Beatrixgasse in der Nähe des Bahnhofs Landstraße. Das neue Ziel war ambitioniert – bis Ende der 70er sollten alle Sparkassen auf ein neues Gesamtsystem mit IBM-Rechnern umgestellt werden. Die bestehenden Bull-Programme mussten auf das neue System umgeschrieben werden – für mich begann der Ernst des Programmierer-Lebens. Ein junges Management verstand sich als Motivator und hauchte einer bunt zusammen gewürfelten Truppe den „SPARDAT-Geist“ ein, bezahlt wurde nach Leistung und nicht nach Schema. Getestet wurden die neuen Programme im Closed-Shop-Betrieb in Wien und in einem der Rechenzentren zwischen 0:00 und  10.00 Uhr. So lernte ich nach Linz auch Graz und Innsbruck kennen. Ich sehe noch heute die Neider, als ich im Frühling sonnengebräunt aus Innsbruck zurückkam – geschlafen habe ich untertags bei der Mittelstation der Hafelekar-Bahn.

Durch die erfolgreiche Neukonzeption des Darlehens-Systems empfahl ich mich für höhere Aufgaben. Es stand die Umstellung der Girozentrale auf das SPARDAT-System an und damit verbunden gravierende Änderungen im Giro-Buchungssystem. Dafür war ich als Projektleiter verantwortlich. Nach der erfolgreichen Umstellung oblag mir als Teamleiter mit 2 Kollgegen die Betreuung des Systems. Rückblickend eine der schwierigsten  Zeiten in meiner SPARDAT-Karriere. Trotzdem blieb mir noch die Zeit, meine Sparkassenausbildung mit der Leiterprüfung abzuschliessen.

Die Sparkassen werden online mit den SPARDAT-Rechnern verbunden

Kassensystem PTS 6000

Kassensystem PTS 6000

Nach dem Ende des Projekts CAROLINE (Kassensystem online) ging das System in die Betreuung und Weiterentwicklung über. Zur besseren Integration in das bestehende Buchungssystem wurden die Online-Anwendungen und die Geschäftssparten Giro/Kredit, Spar und Darlehen zu einer Organisationseinheit verschmolzen. Als Referatsleiter hatte ich die Gesamtverantwortung und damit auch die Personalverantwortung für 10 Mitarbeiter. Die Aufgabenstellung für die Weiterentwicklung (z.B. Bildschirmanwendungen und Kontoauszugdrucker) wurde gemeinsam mit den Organisatoren der Landeshauptstadt-Sparkassen erarbeitet. Als erster Eigenanwender kam die Kärntner Sparkasse zur Buchungsgemeinschaft. Dazu waren gravierende Änderungen im bestehenden System notwendig.

Für die Entwicklung eines  komplett neuen Spar-System mit dem Datenbank-System ADABAS wurde ich als Projektleiter nominiert. Damit war die 10-jährige Gesamtverantwortung für das laufende System zu Ende. Die Rahmenbedingungen für die Entwicklung waren optimal (ich konnte mir das Personal aussuchen und hatte genügend Zeit für die Realisierung). Die größten Probleme gab es beim Einsatz in den Rechenzentren. Die neue technische Infrastruktur bedingte eine Zentralisierung des RZ-Betriebs und so mussten die Umstellungen mit dem Fahrplan für die RZ-Konzentration synchronisiert werden. Nach drei Jahren wurden als letzte die Vorarlberger Sparkassen umgestellt. Den Datentransfer wickelte ich mit einer Nachtfahrt von Dornbirn nach Wien ab – das Datennetz schaffte die Datenmengen noch nicht.

  • Spar-Realtime – Projektkonstruktion, Umsetzung mit dem Datenbanksystem ADABAS, Piloteinsatz bei der Sparkasse Baden, RZ-Konzentration, Einsatz für Bank Austria und Erste Bank

Automatisierung des Sparkassen-Arbeitsplatzes mit PC´s (Personal-Comutern)

Nixdorf-PC

Nixdorf-PC

Zwei große Entwicklungen  prägten den Beginn der 90er – die Umstellung von einem kontenorientierten Buchungssystem auf ein kundenorientes Informationssystem und der Einsatz von Personal-Computern (PC´s) als Sparkassen-Arbeitsplatz. Meine Aufgabe als Abteilungsleiter Anwendungsplanung war es, den Einsatz auf die Erfordernisse der Sparkassen abzustimmen und entsprechende Projekte in der SPARDAT zu initiieren und koordinieren. Die Abstimmung mit den Sparkassen erfolgte in einem Kompetenzzentrum gemeinsam mit den Abteilungsleitern der Organisationsabteilungen der Landeshauptstadt-Sparkassen. So wurden die Weichen für den heutigen Leistungsumfang des IT-Systems der Sparkassengruppe gestellt.    

  • CATS PC-Arbeitsplätze für alle Sparkassen-Mitarbeiter – Auswahl Standard-PC für den Filial-Arbeitsplatz und für das Back Office, computerunterstützte Sachbearbeitung
  • Kundendatenbank – Anbindung Giro-System an die Kundendatenbank, aus Girozentrale und ÖCI wird die GiroCredit das neue Spitzeninstitut des Sparkassensektors (zweitgrößte Bank Österreichs – heute Teil der ERSTE BANK), Umstellung ÖCI auf das SPARDAT-System.

Die Salzburger Sparkassen kommen zur Buchungsgemeinschaft

Die Salzburger Sparkasse hatte bereits in den späten 60ern eine kompakte EDV-Lösung mit Rechnern von Bull-GE. Auch beim Einsatz von PC´s für die Sparkassen-Arbeitsplätze hatte ihre EDV-Abteilung eine Vorreiterrolle. Die Gesamtlösung mit Kundenorientierung und computerunterstützter Sachbearbeitung  galt als best-practice der Banken-IT, in der SPARDAT waren diese Entwicklungen erst im Laufen. Im Zuge des Konzentrationsprozesses im Sparkassensektor fiel die Entscheidung für die Integration der Salzburger Sparkassen (neben der Salzburger Sparkasse auch zwei ERSTE-Filialen und die kleine Sparkasse Mittersill) in die Buchungsgemeinschaft.  Die Umstellung mit einem in Entwicklung befindlichen verteilten IT-Systems stand unter einem enorm hohen Zeit- und Erwartungsdruck. Meine Rolle als Projektleiter Anwendungen war die Koordinierung der Entwicklungsabteilungen in Wien mit dem Umstellungsteam vor Ort.  Dazu pendelte ich ständig zwischen Wien und Salzburg. Das Projekt stand mehrmals auf der Kippe und erst die Übernahme der Salzburger Sparkasse durch die ERSTE brachte den Durchbruch.  Das Projekt kostete mich enorm viel Kraft und die Erkenntnis, dass der Einsatz eines in Entwicklung befindlichen Systems zur Umstellung eines komplexen Systems zu riskant ist. Als Entschädigung lernte ich die schönste Stadt Österreichs als Insider kennen, erlebte den Höhenflug der Salzburger Austria im Europacup hautnah mit, besuchte die Salzburger Festspiele und erkundete mit dem Moutainbike die Umgebung.

Der Jahrtausendwechsel und die EURO-Umstellung stehen vor der Tür

Zwei Jahrhundertereignisse warfen ihre Schatten voraus – der Jahrtausendwechsel und die Euro-Währungsumstellung im selben Zeitfenster.  In einer Machbarkeitsstudie erarbeitete ich die Grundsätze, die Aufwandsschätzungen und Vorschläge zur Projektkonstruktion. Die wichtigste Festlegung war die Implementierung einer Zeitreiseumgebung, um die verzahnten Produkte unter Echtbedingungen zu verifizieren.

Die ERSTE Bank wird Spitzeninstitut des Sparkassensektors
 

Der Kauf der „schwarzen“ CA durch die „rote“ Bank Austria im Jahr 1997 zog auch eine Neuausrichtung des Sparkassensektors nach sich. Als Gegengewicht zur „roten“ BA-CA fiel der Sparkassensektor samt Girocredit und Tochtergesellschaften an die „schwarze“ Erste Bank. Das bedeutete eine gänzliche Neuausrichtung der SPARDAT. Bisher wurde der Leistungsumfang gemeinsam von den Landeshauptstadt-Sparkassen, der GiroCredit und der SPARDAT fixiert. Meine Aufgabe war es, diese Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Mit der Neuausrichtung hatte die ERSTE Bank das alleinige Sagen. Damit war meine Position als Anwendungsplaner obsolet und ich am Abstellgleis. Ich wechselte  kurzfristig in die Erste Bank und nach der nächsten Umstrukturierung wieder zurück in die SPARDAT um die Euro-Bargeldumstellung vorzubereiten.

Zeitreise ab 1945